Ein Behindertentestament ist auch im Falle eines großen Nachlassvermögens nicht sittenwidrig

Für die Beurteilung eines sog. Behindertentestaments ist nicht danach zu differenzieren, wie groß das dem behinderten Kind hinterlassene Vermögen ist. Es ist weder eine klar umrissene Wertung des Gesetzgebers noch eine allgemeine Rechtsauffassung festzustellen, dass Eltern einem behinderten Kind ab einer gewissen Größe ihres Vermögens einen über den Pflichtteil hinausgehenden Erbteil hinterlassen müssen, damit es nicht ausschließlich der Allgemeinheit zur Last fällt.

OLG Hamm vom 27.10.2016, 10 U 13/10

Behindertentestament: Freigabe entgegen Verwaltungsanweisung führt nicht zu bereiten Mitteln

Selbst wenn der Testamentsvollstrecker beim Behindertentestament im Rahmen einer Dauertestamentsvollstreckung den Nachlassgegenstand entgegen den Anordnungen des Erblassers pflichtwidrig zugunsten des Betroffenen freigibt, lässt dies dessen Mittellosigkeit nicht entfallen (Fortführung von Senatsbeschluss vom 1. Februar 2017 – XII ZB 299/15 -FamRZ 2017, 758).

BGH Beschluss vom 10.05.2017, Az: XII ZB 614/16

Behindertentestament und Betreuervergütung

Die durch ein Behindertentestament auf den Betroffenen übertragene (Vor-)Erbschaft führt auch bei gleichzeitiger Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht zwingend zur Mittellosigkeit des Betroffenen. Vielmehr ist durch Auslegung der an den Testamentsvollstrecker adressierten Verwaltungsanordnungen zu ermitteln, ob der Erblasser auch Vergütungsansprüche des Betreuers ausschließen wollte.

BGH Beschluss 27.03.2013, XII ZB 679/11

Behindertentestament: Verlust des Schutzes bei Erbauseinandersetzung?

Das LG Kassel hatte am 17.10.2013 entschieden, dass Vermögen, welches ein Begünstigter im Rahmen eines Behindertentestamentes erhielt, im Zuge einer Erbteilsübertragung nicht mehr Schonvermögen ist (http://openjur.de/u/655215.html). Eine juristische Begründung hierzu fehlt für diese Ansicht, die den Erblasserwillen grundlegend mißachtet. Im Gegenteil geht die herrschende Meinung davon aus, dass auch das Abfindungsguthaben – entgegen der Ansicht des LG Kassel – Surrogat für den Erbanteil und damit nach wie vor Schonvermögen ist.

Kein Beschwerderecht des Testamentsvollstreckers bei Behindertentestament gegen Festsetzung von Betreuervergütung

Bei einer durch Behindertentestament auf den Betroffenen übertragenen Vorerbschaft und gleichzeitig angeordneter Testamentsvollstreckung wird der Testamentsvollstrecker durch die Festsetzung der Betreuervergütung aus dem Vermögen des Betroffenen nicht in eigenen Rechten unmittelbar betroffen

Er ist deshalb weder am Vergütungsfestsetzungsverfahren zu beteiligen noch steht ihm gegen die abschließende Entscheidung ein Beschwerderecht zu.

BGH Beschluss vom 15.04.2015, Az: XII ZB 534/14