Behindertentestament
Da jede familiäre und finanzielle Situation anders gelagert ist, gibt es – entgegen mancher Meinung – keine Standardlösungen. Die erbrechtlichen Probleme sind so vielseitig, dass ein behindertengerechtes Testament nicht „von der Stange“ oder aufgrund von vorgedruckten Erklärungen gefertigt werden kann. Die juristischen Stellschrauben und Feinheiten erfordern detaillierte erbrechtliche Kompetenzen, gerade wenn es um
- die Bestimmung des Pflichtteils im Zusammenhang mit dem anwendbaren in- oder ausländischen Güterrecht oder den Einbezug lebzeitiger Zuwendungen,
- die Anwendung ausländischen Erbrechts,
- angrenzende Fragen des Versicherungsrechts bei Unfall- oder Lebensversicherungen,
- angrenzende Fragen des Gesellschaftsrechts oder
- die Einbeziehung (erbschaft-)steuerlicher Fragen geht.
Es bringt daher nichts, dieses Thema ohne fachkundige Hilfe anzugehen. Fachkompetenz wird nicht nur durch langjährige Erfahrung, sondern auch durch den hoheitlich verliehenen Fachanwaltstitel „Fachanwalt für Erbrecht“ garantiert, der nicht mit der manchmal vorzufindenden Selbsteinschätzung als “Spezialist für …” vergleichbar ist.
Kosten der Testamentserstellung
Wer trägt die Kosten für ein behindertes Kind?
Eltern schwer behinderter Kinder und deren sonstige Angehörige stehen in aller Regel vor der Frage, wie sie ihre letztwillige Verfügung gestalten sollen, um das betroffene Kind möglichst über das Sozialhilfeniveau hinaus unterstützen zu können. Häufig sind solchermaßen Betroffene auswärtig untergebracht und die dadurch anfallenden hohen Kosten werden über staatliche Zuschüsse abgedeckt.
Hat der Staat Zugriff auf die Erbschaft des behinderten Menschen?
Sofern das betroffene Kind zu Vermögen kommt, greift der Kostenträger darauf zu, um sich die bereits verauslagten Leistungen zurückzuholen. Vermögen ist – von geringen Schonbeträgen abgesehen – alles, insbesondere auch eine Erbschaft oder ein Pflichtteilsanspruch. Verstirbt ein naher Verwandter, unterliegt dessen Nachlass daher regelmäßig dem staatlichen Zugriff.
Die Enterbung des behinderten Menschen ist keine geeignete Lösung
Oft versuchen Eltern durch eine Enterbung des behinderten Kindes zu verhindern, dass dieses verwertbaren Nachlass erhält. Hierdurch entstehen jedoch Pflichtteilsansprüche, auf die das Kind nur im Falle der Geschäftsfähigkeit verzichten kann und die es ansonsten bedarfsdeckend einsetzen muss bis das Erbe aufgebraucht ist.
Schutz durch das sog. „Behindertentestament“
Die Vor- und Nacherbschaft als Mittel der Wahl
Testamentsvollstreckung ist Teil der Problemlösung
Gleichzeitig muss Testamentsvollstreckung über den Vorerbteil angeordnet werden. Dem Testamentsvollstrecker wird durch Verwaltungsanweisungen aufgegeben, dem behinderten Kind bestimmte Nutzungen aus dem Nachlass zukommen zu lassen. Hierbei sollte es sich – allgemein gesagt – um die Erträge handeln, welche die Lebensqualität des behinderten Kindes verbessern. Die genaue Ausgestaltung der Handlungsbefugnisse des Testamentsvollstreckers und die Fassung seiner Aufgabenbereiche stellen einen wichtigen Eckpfeiler des „Behindertentestaments“ dar. Als Testamentsvollstrecker kann ein Familienangehöriger oder auch der Nacherbe eingesetzt werden, um zu vermeiden, dass familienfremde Dritte Einblick in die Vermögensverhältnisse der Familie erhalten.